Kongresse und Tagungen planen

Planung und Verkauf von Veranstaltungen

von Anna Kilian, 07/23, Lesezeit: 5 Minuten

MICE ist das Akronym für Meetings – Incentives – Congresses - Events (oder Exhibitions). Aus dieser Abkürzung lassen sich also gleich mehrere, teils sehr unterschiedliche Veranstaltungsarten/-typen herauslesen. Ihnen ist gemein, dass sie dem Bereich geschäftlicher bzw. themengebundener Zusammentreffen zuzuordnen sind – aber was ist jetzt genau darunter zu verstehen? Und worin bestehen die Unterschiede? Wir werden im Folgenden zwei Veranstaltungstypen, die Tagung und den Kongress, genauer betrachten.

Vorab: Es gibt keinen Konsens, was nun genau unter „Tagung“, „Kongress“ oder „Konferenz“ zu verstehen ist. Sinnvoll ist es aber, die Veranstaltungstypen nach ihrer Größe und Zielsetzung zu ordnen. Warum gerade nach diesen Kriterien? Größe und Zielsetzung einer Veranstaltung beeinflussen maßgeblich deren Planung – und den Verkauf!

Die folgenden Ausführungen basieren hauptsächlich auf den Gedanken von Eisenstein et al. (2019) aus der Publikation „Geschäftsreisen: Merkmale, Anlässe, Effekte“.

Kongress findet in einem Hotel statt

Was versteht man unter einem Kongress?

Bei Kongressen handelt es sich um i.d.R. mehrtägige Großveranstaltungen mit teils mehreren hundert teilnehmenden Personen. Initiiert werden Kongresse nicht nur im geschäftlichen, sondern auch im staatlichen, sozialen, wissenschaftlichen oder politischen Rahmen. Sie werden i.d.R. unter ein Generalthema gestellt, dessen Unterthemen einzeln vertieft werden. Dabei kommt eine Vielzahl von Formaten und Kommunikationsformen zum Einsatz (Eisenstein et al. 2019).

Was ist das Ziel eines Kongresses?

Als vorrangige Ziele eines Kongresses nennen Eisenstein et. al. Wissenstransfer (Medizinkongresse – ein Klassiker!) und Vernetzung der Teilnehmenden, aber auch Lobbyarbeit und Repräsentation.

Kongresse planen

Alles in allem lässt sich festhalten, dass das Planen von Kongressen mit erheblichem organisatorischem Aufwand für die ausrichtende Location verbunden ist. Die Veranstaltung findet nicht nur in einem Raum statt, sondern nimmt meistens gleich mehrere Flächen einer Veranstaltungsstätte, wenn nicht sogar ein ganzes Hotel in Anspruch. Nicht nur, dass eine große logistische Aufgabe hinsichtlich der Verpflegung zu bewältigen ist – auch durch die vielen Formate und Kommunikationsformen kann ein erheblicher Planungsaufwand für die Technik entstehen. Oftmals findet neben der Hauptveranstaltung auch Rahmenprogramm, Empfänge oder ähnliches statt. Der Ablauf nimmt maßgeblich Einfluss auf die Personaleinsatzplanung. Insgesamt findet der Planungs- und Buchungsvorlauf entsprechend weit im Voraus statt: In der Fachliteratur ist die Rede von ein bis drei Jahre (Eisenstein et al. 2019).

Umsatzsteigerung durch Kongresse

Eine richtig große Veranstaltung – das klingt erst einmal nach viel Umsatz für ein Hotel oder eine Location. Wie attraktiv die Ausrichtung einer solchen Veranstaltung ist, kann nur zutreffend bewertet werden, wenn dem die möglichen Kosten gegenübergestellt werden. Auch ist die Zahlungsbereitschaft des Veranstalters ein wichtiger Faktor: Tendenziell sinkt bzw. stagniert das Budget pro Kopf, je größer die Veranstaltung wird. Ob sich die Durchführung der Veranstaltung lohnt, kann anhand einer Break-Even-Rechnung für die Veranstaltung abgeschätzt werden. Zugleich kann bei größeren Mengen i.d.R. mit einer Stückkostendegression gerechnet werden, d.h. die durchschnittlichen Kosten pro Kopf sinken. Wenn z.B. Hotelzimmer von den Teilnehmenden selbst zu zahlen sind und der Veranstalter z.B. nur die Verpflegung übernimmt, eröffnet sich Spielraum für das Budget pro Kopf.

Was versteht man unter Tagung?

Der Begriff „Tagung“ wird meist sehr allgemein als Oberbegriff für geschäftliche Veranstaltungen mit Meeting-Charakter verwendet. Laut Fachliteratur definieren Eisenstein et al. die Tagung als Veranstaltung mit Leitthema, welche inhaltlich und organisatorisch ähnlich zum Kongress ist - nur in einem wesentlich kleineren Rahmen. Beispielsweise sind die Veranstaltungen größtenteils auch nur eintägig und mit deutlich weniger Teilnehmenden, bis zu 250 Personen (Eisenstein et al. 2019). Salopp ausgedrückt, sei die Tagung die kleine Schwester des Kongresses.

Was ist das Ziel einer Tagung?

Inhaltlich ist die Zielsetzung der Tagung ähnlich der des Kongresses. Auch bei der Tagung werden aufgrund von vielfältigen Kommunikationsformen und Unterthemen oft mehrere Räumlichkeiten beansprucht. Mögliche Elemente sind Podiumsdiskussionen, Vortragssessions oder Plenumssitzungen (Eisenstein et al. 2019).

Tagungen planen

So wie die Zielsetzung der Tagung, mit der des Kongresses gemein ist, läuft zumindest die Organisation in einem kleineren Rahmen ab. Der Planungshorizont wird in der Fachliteratur auf bis zu ein Jahr beziffert (Eisenstein et al. 2019).

Zugegeben, was in der gängigen Praxis meist unter Tagung verstanden wird, ist eher das, was Eisenstein et al. als Konferenz bezeichnen. Die Konferenz ist i.d.R. auf ein Kernthema ausgerichtet, welches aufgrund von deutlich weniger Teilnehmenden interaktiv bearbeitet werden kann, z.B. um einen Konsens zu finden oder Beschlüsse zu fassen. Die Veranstaltungsdauer einer Konferenz ist eher kurz, z.B. auf einen Tag beschränkt.

Den kürzesten Planungsvorlauf hat somit die Konferenz, was zur Folge hat, dass auch Anfragen eher kurzfristig gestellt werden.

Hoteleingang

Wie sind die Veranstaltungstypen zu bewerten?

Betrachten wir die verschiedenen Veranstaltungstypen aus Hotelsicht. Veranstaltungsorte und -hotels sind unterschiedlich. Welche Veranstaltungstypen attraktiv und profitabel sind, hängt mitunter von der Größe der Veranstaltungsfläche im Verhältnis zur Zimmeranzahl ab.

Nur wenige Hotels in Deutschland werden in der Lage sein, einen richtig großen Kongress ab 1.000 Personen aufwärts allein zu stemmen – vor allem, wenn die Anzahl der Teilnehmenden und Beteiligten die Zimmeranzahl übersteigt. In diesem Fall profitieren aber die umliegenden Beherbergungsbetriebe.

Hat ein Hotel im Verhältnis zur Veranstaltungsfläche überproportional viele Zimmer, ist davon auszugehen, dass es die größeren Veranstaltungen braucht, um seine Zimmer „voll zu bekommen“ – diese Hotels sind meist an Großveranstaltungen wie Tagungen und Kongressen interessiert. Ausgenommen davon ist der Fall, wenn weitere starke Nachfragesegmente (z.B. Individualreisende) vorhanden sind, die die übrigen Zimmer abnehmen.

Verkauf und Pricing von Veranstaltungen

Dennoch: Nichts ist ärgerlicher, als eine Großveranstaltung, die nicht angeboten werden kann, weil „kleines“ Geschäft bereits angenommen wurde. Für das Pricing empfiehlt es sich, die mehrtägigen Veranstaltungen preislich zu incentivieren und eine „Hürde“ für kleinere, kurze Veranstaltungen zu setzen: entweder eine Mindestveranstaltungsdauer zu definieren – oder, was deutlich wirksamer ist: durch Mindestumsätze eine preisliche „Hürde“ für kleine Veranstaltungen zu setzen. Es empfiehlt sich außerdem, die Raummiete aus den Pauschalen zu separieren, um größere Veranstaltungen nicht zu benachteiligen. Das Umsatzpotenzial des Raumes kann sich ebenfalls in einem Mindestumsatz widerspiegeln. Durch die separate Raummiete wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass mit steigender Personenanzahl das Budget pro Kopf i.d.R. stagniert oder sogar sinkt. Letztlich ist auch ein Mindestumsatz nichts anderes als ein „Preis“, der in Abhängigkeit von der Nachfrage geyieldet werden kann.

Betrachten wir umgekehrt den Fall, ein Hotel mit eher wenig Zimmern im Verhältnis zur Veranstaltungsfläche: Dann ist davon auszugehen, dass es kleinere bzw. kürzere Veranstaltungen präferiert. So können mehrere Veranstaltungsflächen parallel verkauft werden und der Bedarf an Zimmern kann soweit noch gedeckt werden. Nicht außer Acht zu lassen, ist das tendenziell höhere Budget pro Kopf bei kleineren Veranstaltungen, was diese wiederum attraktiv machen kann.

Erlösverlustrisiko und Erlösverdrängungsrisiko

Im Extremfall einer überproportional großen Veranstaltungsfläche im Verhältnis zur Zimmeranzahl werden i.d.R. (große) Tagesveranstaltungen ohne Übernachtung bevorzugt. Es hängt jedoch mitunter auch vom Standort ab, sofern umliegende Beherbergungsbetriebe die Zimmernachfrage nicht decken können. Hier sollten Anfragen ohne Zimmer preislich stark incentiviert, Veranstaltungsanfragen mit Zimmern in jedem Fall individuell bewertet und bepreist werden. Dabei gilt es, das Erlösverlustrisiko und das Erlösverdrängungsrisiko auszutarieren: Erlösverlustrisiko: Die Angebotspreise waren zu hoch angesetzt, die Angebote wurden von allen Kunden abgelehnt: die Veranstaltungsfläche (und ggf. Zimmer) standen leer. Auf der Fläche wurde kein Umsatz generiert. Erlösverdrängungsrisiko: Die Angebotspreise waren zu niedrig, die Veranstaltungsfläche (und ggf. Zimmer) wurden „zu schnell“ verkauft. Zu einem späteren Zeitpunkt hat ein Kunde mit höherer Zahlungsbereitschaft angefragt, als die Kapazität bereits verkauft war. Auf der Fläche hätte ein „besserer“ Umsatz erzielt werden können.

Die Lösung ist, das eigene Geschäft zahlenmäßig zu erfassen, Erfahrungswerte und Kennzahlen zu bilden, die regelmäßig überprüft werden. Welche Veranstaltungen bevorzugt werden, hängt maßgeblich von den „baulichen“ Gegebenheiten ab, konkret vom Verhältnis der Zimmeranzahl zur Größe der Veranstaltungsfläche.

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Autorin Anna Kilian

Über Anna Kilian

Anna Kilian hat an der DHBW Ravensburg Hotel- und Gastronomiemanagement studiert. Zusammen mit Gerhard Wasem arbeitet sie bei MiceRate, eine Softwarelösung für Revenue Management im Veranstaltungsverkauf. Auch inhaltlich und strategisch treiben die beiden die Thematik voran. Teil ihrer Mission ist es, das Wissen zum Veranstaltungsverkauf und dynamischer Preisgestaltung weiterzugeben. Seit 2022 sind sie Partner des Lehrgangs MICE Management an der DHA.

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