Nachhaltigkeit im Hotel - worauf kommt es an?
Interview mit Suzann Heinemann, 05/23, Lesezeit: 4 Minuten
Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle an der Deutschen Hotelakademie. Umso größer war die Freude und Begeisterung bei der Konzeptionierung unserer Weiterbildung im Nachhaltigkeitsmanagement, die es jetzt seit Oktober 2022 gibt. Die enge Zusammenarbeit mit Suzann Heinemann und dem GreenSign Institut hat dabei eine große Rolle gespielt. Daher freuen wir uns umso mehr, dass sich Suzann die Zeit genommen hat, mit uns über die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Hotellerie zu sprechen.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Dich?
Nachhaltigkeit ist zu einer Notwendigkeit geworden, sowohl im privaten Alltag als auch im Business. Seit dem Jahr 2014 beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema und mit jedem Detail, was ich dazu gelernt habe, ist meine Leidenschaft dafür gewachsen. Es geht um den Erhalt und auch die Verbesserung der Lebensqualität, der Umwelt und des Miteinanders für alle Menschen auf der Erde.
Ich bin der Überzeugung, dass ohne nachhaltige Weiterentwicklung kaum ein Unternehmen zukunftsfähig bleiben wird. Nachhaltigkeit muss sowohl ökologische als auch soziale und wirtschaftliche Dimensionen beinhalten und es ist mir wichtig, das immer wieder zu kommunizieren. Am Anfang war ich dabei noch eher missionarisch unterwegs und wurde hier und da auch mal belächelt. Heute freut es mich, dass es in so vielen Branchen bereits engagierte, ideenreiche und erfolgreiche Gleichgesinnte gibt, die mit uns die Nachhaltigkeit weiter vorantreiben. Es macht Spaß zu sehen, was noch alles möglich ist und welche positiven Entwicklungen Step by Step erreicht werden können.
Was macht ein nachhaltiges Hotel aus?
Da gibt es viele Aspekte und Maßnahmen, die ein Hotel zu einem nachhaltig wirtschaftenden Betrieb machen. Zunächst fängt das beim Kopf an, denn wenn ein Hotelier selbst Feuer und Flamme für die Nachhaltigkeit ist und es versteht, sein gesamtes Team dafür zu sensibilisieren und zu begeistern, sind die nächsten Schritte ganz einfach. Nachhaltigkeitsmaßnahmen sollten darauf abzielen, Umweltauswirkungen zu minimieren, Ressourcen effizient zu nutzen sowie wirtschaftliche und soziale Verantwortung zu übernehmen.
Auch hier sind wieder alle 3 Säulen der Nachhaltigkeit gleichwertig einzubeziehen. Man kann hier die Energieeffizienz, die Wassereinsparung, das Abfallmanagement und Recycling, die umweltfreundliche Beschaffung, die Regionalität, die soziale Verantwortung sowie die Umweltbildung und Sensibilisierung betrachten. Mir ist es auch immer wichtig zu erwähnen, dass Nachhaltigkeit nie endet und ein wirklich nachhaltiges Hotel sollte immer bestrebt sein, an deren Weiterentwicklung zu arbeiten.
Was ist unverzichtbar, wenn man ein umweltfreundliches Hotel führen möchte?
Man beginnt zunächst mit einem detaillierten Umweltmanagementplan, um die Nachhaltigkeitsziele des Hotels zu definieren und umzusetzen. Der Plan sollte klare Ziele und Maßnahmen enthalten, um Ressourcen zu schonen, Emissionen zu reduzieren und soziale Verantwortung zu übernehmen. Dabei sollten alle Abteilungen des Hotels mit einbezogen werden. Man muss sich auch im Klaren und bereit dafür sein, dass einige Prozesse umgestellt und auch Investitionen getätigt werden müssen. Letztere rentieren sich aber meist nach kurzer Zeit durch die Einsparungen, die sie bewirken. Auch das Engagement und die Schulung der Mitarbeiter sind von großer Bedeutung.
Das Sensibilisieren des gesamten Teams für Nachhaltigkeitspraktiken, umfangreiche Weiterbildungen und die Ermutigung zur aktiven Teilnahme sind essenziell, um die Nachhaltigkeitsziele des Hotels zu erreichen. Je nach Größe des Hotels ist auch ein CSR-Manager oder Nachhaltigkeitsbeauftragter sinnvoll, der Prozesse vorantreibt und die Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickelt. Für einen wichtigen Punkt halte ich auch die aktive Kommunikation der Nachhaltigkeitsbemühungen mit Gästen und anderen Stakeholdern. Tue Gutes und sprich darüber!
Aber! Die betriebliche Nachhaltigkeit sollte immer ganz individuell betrachtet werden, denn jedes Hotel bringt andere Voraussetzungen mit – es gibt kein Pauschalrezept, dafür aber viele Best Practice Beispiele, von denen sich individuell einiges im eigenen Unternehmen umsetzen lässt.
Worauf achtest Du bei der Hotelbuchung in Bezug auf Nachhaltigkeit?
Heute wird es immer einfacher für Buchende, ein nachhaltig wirtschaftendes Hotel zu finden, weil viele Portale bereits die anerkannten Zertifizierungen und Labels abbilden. Und das finde ich großartig. Es zeigt, dass die Awareness in der Gesellschaft für nachhaltigen Tourismus gewachsen ist. Auch ich schaue bei privaten und geschäftlichen Reisen nach einer Zertifizierung, da dies für mich immer auch ein besonderes Qualitätsmerkmal ist. Leider bildet nicht jedes Nachhaltigkeitslabel die wichtigsten Nachhaltigkeitsstandards ab. Als Branchenkenner ist es für mich einfacher, die Spreu vom Weizen zu trennen. Reisende haben es da schwieriger. Ein guter Indikator ist immer die Anerkennung der Zertifizierung beim GSTC, dem Globalen Rat für nachhaltigen Tourismus, das kann ich jedem als Tipp mitgeben. Darüber hinaus ist oft auch ein genauer Blick auf die Hotelwebsite hilfreich, denn hier hat der Hotelier die ideale Möglichkeit, über sein individuelles Nachhaltigkeitskonzept transparent zu berichten.
Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Hotellerie?
Durch die Umsetzung nachhaltiger Praktiken können Hotels nicht nur ihre Umweltauswirkungen reduzieren, sondern auch langfristig wirtschaftliche Vorteile erzielen, das Wohlbefinden der Gäste und Mitarbeiter steigern und einen positiven Beitrag zur lokalen Gemeinschaft leisten. Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel in der Branche hat Nachhaltigkeit das Potential, die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern, neue Talente anzuziehen und Mitarbeiter langfristig an das Hotel zu binden. Die jungen Menschen wollen heute einen Job mit Sinn.
Als weitere Auswirkungen eines nachhaltigen Unternehmenskonzepts sehe ich die Stärkung der Position in der Branche, die erhebliche Kosteneinsparungen und die Image-Verbesserung. Immer mehr Reisende legen Wert auf nachhaltige Praktiken und bevorzugen Hotels, die umweltfreundlich und sozial verantwortlich handeln. Indem Hotels ihre Nachhaltigkeitsbemühungen kommunizieren, können sie Gäste ansprechen, die ihre Werte teilen. Nachhaltigkeit macht attraktiv.
Welchen Tipp hast Du, um mit Nachhaltigkeit in der Hotellerie zu beginnen?
Ich sage immer: einfach anfangen! Der erste Schritt sollte immer eine Ist-Analyse sein. Wo steht das Unternehmen? Viele Dinge der Nachhaltigkeit werden heute bereits umgesetzt, sind aber manchmal für den Unternehmer nicht als Nachhaltigkeit identifizierbar oder bewusst. Dann sollte es einen Maßnahmenplan geben, ein sogenanntes Umweltmanagementsystem, in dem die nächsten To Do´s beschrieben werden.
Zu den ersten Schritten auf dem Weg zu einer nachhaltigen Hotelführung gehören die Erstellung eines Leitbilds, die Beobachtung klimarelevanter Verbräuche, die Implementierung von Energieeffizienz- und Wasserreduktions-Maßnahmen, die Abfallreduktion, die Umstellung auf regionale Lieferanten und nachhaltigen Einkauf sowie die Schulung des Personals. Oft ist es überraschend, welche neue Impulse und kreative Ideen bei der Einbeziehung des gesamten Teams entstehen. Nachhaltigkeit kann wirklich Spaß machen!
Nachhaltigkeit ist mehr als ein Megatrend und sollte ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein, den es dann auch zu verankern gilt. Wenn Du ökologische Verantwortung übernehmen möchtest und Lust hast, diese Leadership-Aufgabe zu übernehmen und das Thema Nachhaltigkeit in Deinem Gastgewerbe zu implementieren, starte jetzt mit der Deutschen Hotelakademie Deine Ausbildung im Nachhaltigkeitsmanagement in Kooperation mit GreenSign.
Über Suzann Heinemann
Suzann Heinemann ist Gründerin und Geschäftsführerin des GreenSign Institut für Nachhaltige Entwicklung. Die gelernte Industriekauffrau startete als Miteigentümerin eines großen Tagungshotels ihre Selbständigkeit. 1999 gründete sie Gronowsky & Co. Hotel Consulting, mit der sie mehr als vierzig Betriebe geführt und saniert hat. 2001 gründete sie die Hotelkooperation GreenLine Hotels für mittelständische Hotels, die von ihr im Jahr 2020 zur nachhaltigen Buchungsplattform greenline-hotels weiterentwickelt wurde. Zunächst für die Entwicklung von GreenLine Hotels hat Suzann Heinemann 2015 GreenSign Institut gegründet. Das Institut bewertet Hotels hinsichtlich der Nachhaltigkeitsleistungen mit dem Zertifikat GreenSign. Das große Potential der Nachhaltigkeit für den Tourismus erkennen mittlerweile viele Hotels, sodass GreenSign das meistverbreitete Nachhaltigkeitszertifikat in Deutschland ist. Das Institut bewertet außerdem Thermen und Wellnessbereiche mit GreenSign SPA, Bürostandorte von Unternehmen mit GreenSign Office und gesundes Wohnen in Hotels mit GreenSign Health. Seit 2015 ist sie zudem Miteigentümerin des Schlosshotel Blankenburg im Harz mit 66 Zimmern.