Gute HR-Arbeit macht den Unterschied
Zufriedene Ausstrahlung: Das klappt, wenn Mitarbeiter mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden
Samstag, 21. Dezember 2019 | In Zeiten des vielzitierten Fachkräftemangels werden sich nur Unternehmen mit einem durchdachten HR-Konzept behaupten. Attraktive Arbeitsbedingungen, ein nachhaltiges und zeitgemäßes Weiterbildungskonzept zur individuellen Förderung und Entwicklung von Mitarbeitern sowie eine Kultur der Wertschätzung bilden die Basis. Für gute HR-Arbeit braucht es nicht unbedingt ein großes Budget, wenngleich sich Investitionen in Human Resources bzw. Relations immer lohnen! Es sind vielmehr gute Ideen und der Mut, neue Wege zu gehen. Das beweisen die Unternehmen, die jedes Jahr von der Deutschen Hotelakademie (DHA) mit dem Hospitality HR Award ausgezeichnet werden. Einige Beispiele stellen wir Ihnen in diesem Beitrag vor.
Wenn man über unsere Branche liest, dann nicht selten über den Fachkräftemangel, Zimmerpreise, Hygienemängel, schlechte Arbeitsbedingungen. Doch das ist es nicht, was uns ausmacht. Unsere Branche bietet abwechslungsreiche Jobs, schnelle Aufstiegsmöglichkeiten, Internationalität, spannende Weiterbildungs- und Förderprogramme für Mitarbeiter und Führungskräfte. Diese Aspekte gilt es in den Vordergrund zu stellen. Doch es ist nicht damit getan, ein gutes Image zu kreieren. Die dahinterstehende Unternehmenskultur muss authentisch und für die Mitarbeiter in den Betrieben spürbar sein.
Wenn wir uns die Preisträger des Hospitality HR Awards anschauen, dann wird eines schnell klar: Bei ihren Erfolgskonzepten steht nie nur die Zufriedenheit des Gastes im Fokus, sondern immer auch die der Mitarbeiter. Diese Betriebe wissen, dass sie den Gast nur dann überzeugen können, wenn auch ihre Mitarbeiter gern zur Arbeit kommen und ihren Beruf mit Freude ausüben. Wesentlich für eine Kultur, in der sich Mitarbeiter wohlfühlen, sind vier HR-Bausteine, denen jeder Betrieb Aufmerksamkeit schenken sollte: Führung, Strategie, Employer Brand und, eng damit zusammenhängend, die Kommunikation.
Führung: HR-Arbeit ist Chefsache
Damit Betriebe erfolgreich sein können, braucht es Chefs, die die richtigen Voraussetzungen für eine wirkungsvolle HR-Arbeit schaffen. Dazu gehört auch, sich als Führungskraft selbst zu hinterfragen und an sich zu arbeiten – wie es der Hotelier Bodo Janssen, Preisträger des Hospitality HR Award des Jahres 2013, tat. Er hat sich und seine Art der Unternehmensführung nach einer dramatisch schlechten Mitarbeiterbefragung infrage gestellt und einen ganz neuen Weg der Mitarbeiterführung eingeschlagen: gemeinsame Klosteraufenthalte, die Besteigung des Kilimandscharo oder die Polar-Expedition mit Mitarbeitern des Upstalsboom-Teams – noch nie dagewesene Maßnahmen, die nicht nur intern Wirkung zeigten, sondern auch ein großes mediales Echo auslösten.
Doch im Kern ging es Upstalsboom nicht um die öffentlich wirksamen Maßnahmen, sondern um deren Wirkung nach innen: Corporate Happiness, Sinnorientierung, Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, über sich selbst hinauswachsen – Schlagwörter, die man heute mit der Arbeitgebermarke Upstalsboom verbindet. Unter dem Motto „Wertschöpfung durch Wertschätzung“ steht hier der einzelne Mensch mit seinen Fähigkeiten, Talenten und Wünschen im Mittelpunkt. Denn nur ein glücklicher Mitarbeiter kann seine Arbeit gut machen – davon ist man nicht nur bei Upstalsboom überzeugt.
Mit seinem Konzept hat Bodo Janssen auch andere Betriebe weit über die Branche hinaus inspiriert, einen neuen, menschlicheren Weg in der Personalarbeit einzuschlagen und zu reflektieren: Welche besonderen Arbeitsbedingungen, Benefits und Weiterbildungsangebote können und möchten wir bieten?
Diese Frage hat sich auch das Platzl Hotel im Herzen Münchens gestellt und im Rahmen der Award-Bewerbung 2018 ein besonderes Konzept zur Mitarbeiterbindung und -entwicklung vorgestellt. Im Zentrum der Maßnahmen steht der Mitarbeiter als Markenbotschafter und Mitgestalter der Unternehmensstrategie. Zuständige Fachabteilungen werden in Entscheidungen eingebunden und neue Projekte gemeinsam erarbeitet. Bei Zimmerrenovierungen, der Neugestaltung des Restaurants oder bei der Entwicklung neuer Speisen und Getränke werden die Vorschläge der Mitarbeiter berücksichtigt. Teamgespräche, in denen sie ihren Vorgesetzten Feedback zu ihrem Führungsverhalten geben sowie regelmäßige Führungskräftetrainings fördern die Entwicklung von Nachwuchskräften aus den eigenen Reihen.
Weiterbildungsmöglichkeiten, am besten mit einem qualifizierten Abschluss, sind für Fachkräfte heute eine Selbstverständlichkeit. Dieses Angebot ist nicht nur den großen Ketten vorbehalten. Jedes Hotel hat heute die Möglichkeit, Weiterbildung als Benefit anzubieten. Wer über keine eigene Akademie verfügt, kooperiert zum Beispiel mit Bildungspartnern wie der Deutschen Hotelakademie, die berufsbegleitend wichtige Qualifikationen vermitteln.
Strategie: Die Vision nach innen und außen tragen
Dass eine durchdachte Strategie mit authentischen Werten und Visionen unerlässlich ist, beweist die skandinavische Hotelkette Scandic. Seit Jahren kann das Unternehmen erfolgreich Modeschlagwörter wie Nachhaltigkeit und Persönlichkeit mit Leben füllen – und damit als Arbeitgebermarke besetzen. Scandic stellt das Thema Haltung und Wertschätzung an die Spitze seiner Gesamtstrategie. Ganz klar stehen bei den Führungskräften Leadership-Kompetenzen vor fachlichen Skills. Die attraktive, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Arbeitgebermarke, „State of the Art“-Recruiting-Strategien und Onboarding-Programme sowie spannende Weiterbildungsangebote auf der Basis eines starken Wertegerüsts machen Scandic zu einem beliebten Arbeitgeber, wie es interne Befragungen, aber auch die Bewertungen auf Arbeitgeberplattformen zeigen. Für seine umfassende Weiterbildungsstrategie erhielt Scandic 2014, für die gesamte HR-Strategie 2018 den Hospitality HR Award.
Mitarbeiter als Markenbotschafter
„Schwache Marken machen Kundenwerbung. Für starke Marken machen Kunden Werbung.“ Übertragen auf Arbeitgeber bringt es dieser Satz von Markenexperte Prof. Dr. Karsten Kilian gut auf den Punkt: Für eine starke Arbeitgebermarke machen die Mitarbeiter Werbung. Sie sind die besten, weil glaubwürdigsten Markenbotschafter. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, wie Betriebe sie dazu motivieren können. Ein Empfehlungsprogramm, das Mitarbeiter belohnt, wenn über sie neue Kollegen akquiriert werden, ist hier nur eine Variante. Das Hotel Ritter von Kempinski, Preisträger im Jahr 2018, hat sich gefragt „Was macht uns als Marke aus?“ und es daraufhin geschafft, einen Kulturwandel anzustoßen. Unter dem Leitmotto „Geschätzt. Geschützt. Gerüstet“ entstand ein Markenkonzept, das nicht nur dafür sorgt, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und die guten, bereits vorhandenen Talente emotional an das Unternehmen zu binden, sondern als Arbeitgeber auch eine branchenübergreifende Sogwirkung in der Zielregion zu erzeugen. Maßnahmen und Mitarbeiter-Leistungen, die diesen Employer Brand stützen, sind unter anderem flexible Arbeitszeitmodelle, ein individuelles Gesundheitsmanagement, regelmäßige Entwicklungsgespräche, Boni und Treueprämien, eine transparente Informationskultur, Sonderurlaub und die Unterstützung bei der Wohnungssuche.
Kommunikation: Sagen, was läuft
Die Kommunikation rund um Personalthemen ist ein entscheidender HR-Erfolgsfaktor. Eine aussagekräftige Karriereseite im Web, die Präsentation des Arbeitgebers in den sozialen Medien mit einem spannenden Storytelling gehören ebenso dazu wie die Teilnahme an Awards, Veröffentlichungen in der Presse, Präsenz auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen oder HR-Blogs wie www.hierwillicharbeiten.de. All diese Maßnahmen stützen das Ziel, als guter Arbeitgeber bekannt zu werden. Aber auch die – leider oft „vergessene" – interne Kommunikation ist ein essenzieller Bestandteil einer erfolgreichen HR-Strategie: Wie werden die Mitarbeiter mitgenommen und informiert? Wie kann der Austausch untereinander stattfinden, möglichst digital und ohne „pain points“. Auch hier geht das Platzl Hotel mit gutem Beispiel voran: Das Vorhaben des Hotels, eine zentrale Mitarbeiterplattform zu schaffen, wurde mit der Einführung von hotelkit umgesetzt. Dieses fungiert als Drehscheibe für jede Art von interner Kommunikation, ist zentrale Wissensbasis geworden und bildet eine Vielzahl operativer Prozesse ab. Informationen werden auf digitalem Weg übergeben und alle Kollegen über die wichtigsten Zahlen und Ereignisse aller Abteilungen informiert. Auch Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter werden ins System eingestellt und rund 70 Prozent erfolgreich umgesetzt.
Fazit: HR-Arbeit ist die Zukunft des Gastgewerbes
Das, was Hotels heute voneinander unterscheidet und erfolgreich macht, ist nicht mehr die „Hardware“, die Ausstattung, es sind die „Softskills“ der Mitarbeiter. Was sie ausstrahlen, wie sie mit Gästen umgehen. Dass sie eine positive Atmosphäre verbreiten, den Gast als Individuum sehen und alles dafür tun, damit er wiederkommt. Das werden sie nur tun, wenn sie das Gefühl haben, dass auch viel für sie getan wird. Wenn sie sich individuell entfalten können. Es ist heute mehr denn je Aufgabe des Gastgewerbes, seinen Mitarbeitern genau diesen Arbeitsplatz zu bieten. Dafür braucht es menschliche Führungskräfte mit Sinn für gute HR-Arbeit, eine nachhaltige Strategie, einen starken Employer Brand, der Orientierung nach innen und Sogwirkung nach außen entfaltet, sowie eine transparente und lebendige Kommunikation. Das kann jedes Hotel erreichen – ob groß oder klein. Beispiele gibt es in unserer Branche genug, wie es die zahlreichen positiven Arbeitgeber-Beispiele auf hierwillicharbeiten.de zeigen.
Die Autorin Anja Eigen ist bei der Deutschen Hotelakademie (DHA) Projektleiterin der Kampagne #hierwillicharbeiten und des Hospitality HR Award.
© Matthaes Verlag GmbH
Zusatzmaterial:
Jetzt teilen: